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Windpark Thalmässing

Mikroplastik und Windenergie

Trotz Wind, Regen und anderer Umwelteinflüsse: Der Materialabtrag an Rotorblättern von Windrädern ist äußerst gering.

Regen, Eis, UV-Strahlung, Stürme: Windenergieanlagen sind vielen Umwelteinflüssen ausgesetzt. Insbesondere auf die Rotoren, deren Spitzen sich mit bis zu 300 Kilometern in der Stunde drehen, wirken diese Umwelteinflüsse.

Während die Türme und Fundamente von Windrädern überwiegend aus Stahlbeton und Stahl bestehen, sind die Rotorblätter der Windkraftanlagen zu fast zwei Dritteln aus glasfaser- oder carbonfaserverstärkten Kunststoffen gefertigt. Knapp ein weiteres Drittel entfällt auf Klebstoffe und Harze. Beim Betrieb von Windrädern stellt sich daher auch die Frage, inwiefern durch Erosion Mikroplastik freigesetzt wird und in die Umwelt gelangen kann.

Das Umweltbundesamt (UBA) definiert Plastikstücke, die kleiner sind als fünf Millimeter als Mikroplastik. Dabei gibt es sogenanntes primäre Mikroplastik wozu auch Granulate in Kosmetik und Hygieneprodukten wie etwa Zahnpasta gehören oder Material für die Plastikproduktion. Daneben gibt es auch sekundäres Mikroplastik, welches durch die Zersetzung von Plastikteilen entsteht. Also auch bei der Nutzung von Kunststoff durch Abrieb, Verwitterung oder Zersetzung. Das ist etwa bei Autoreifen, Schuhsohlen, Textilien oder Farben der Fall. Dieses sekundäre Mikroplastik kann also beim Betrieb von Windrädern freigesetzt werden.

Insbesondere die Rotorblätter von Windenergieanlagen sind aufgrund ihrer exponierten Lage den Einflüssen von Wind und Wetter ausgesetzt. Erosion kann vor allem an den Vorderkanten im Außenbereich der Rotorblätter auftreten. Sie ist abhängig von den Umgebungsbedingungen, der Qualität der Rotorblätter und der Blattspitzengeschwindigkeit.

Was können Betreiber tun?

Die Betreiber von Windenergieanlagen haben selbst ein hohes Interesse daran, mögliche Erosionsschäden an ihren Anlagen zu verhindern bzw. zu minimieren. Schon kleine Schäden an der Oberfläche der Rotorblätter beeinflussen deren Aerodynamik. Sie können die Anlagenleistung mindern (Ertragsverluste) und die Lebensdauer der Rotorblätter beeinträchtigen. Muss eine Anlage wegen eines Schadens stillstehen, können pro Ausfalltag Kosten von mehreren 1.000 Euro für den Betreiber entstehen. Die Kosten für den Austausch eines Rotorblatts liegen sogar im sechsstelligen Bereich. 

Daher werden von Seiten der Betreiber umfassende Maßnahmen getroffen, um einerseits Erosion zu vermeiden und einen reibungslosen Betrieb der Anlagen zu gewährleisten und andererseits Schäden schon frühzeitig zu erkennen und zu beheben.

  • Rotorblattschutz: Rotorblätter verfügen zum Schutz gegen Erosionen über eine Beschichtung aus Folien oder Lack. Vor allem das äußere Drittel der Rotorblätter muss damit geschützt werden. Diese Schutzfolien (Protection Tape) oder Schutzlacke (Topcoats) können wirkungsvoll Vorderkantenerosion verhindern. Auch sind sie UV-beständig. Dieser Schutz – der von den Betreibern regelmäßig kontrolliert wird – kann bei Bedarf auch nachträglich und immer wieder neu aufgetragen werden.
  • Rotorblattüberwachung: Windenergieanlagen werden ständig überwacht. Spezielle Überwachungssysteme (Condition Monitoring Systems, CMS) können jederzeit Informationen auch über den Zustand eines Rotorblatts erfassen und verarbeiten. Rotorblätter werden regelmäßig Sichtinspektionen unterzogen und können per Ultraschall auf Schäden überprüft werden. So werden auch mögliche Erosionsschäden frühzeitig erkannt.
  • Anlagenbetrieb: Bei bestimmten Umweltbedingungen kann auch ein langsamerer Anlagenbetrieb möglichen Erosionsschäden vorbeugen. So schwächt eine reduzierte Rotordrehzahl die Erosionseffekte bei Starkregen ab. Zwar wirkt sich eine Verringerung der Rotordrehzahl auf die Stromproduktion der Anlage aus. Diese Verluste in der Energieerzeugung werden aber durch eine längere Lebenszeit der Anlage und geringere Instandhaltungskosten wettgemacht.

Was sagt die Forschung?

Auch die Forschung beschäftigt sich mit dem Thema Erosion von Windenergieanlagen und möglichen Folgen für die Umwelt. Laut Auskunft des Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) vom Mai 2024 gibt es in Sachen Erosion von Rotorblättern, derzeit „leider keine validen Studien hierzu, auf die wir verweisen können“. Man sei jedoch bestrebt, Forschungsarbeit dazu zu betreiben. Nach einer ersten internen Abschätzung sei ein möglicher Materialabtrag äußerst gering.

Für Deutschland rechnet das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) mit gut vier Kilogramm Mikroplastik, die pro Kopf und Jahr in die Umwelt freigesetzt werden. Auf 82,5 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen bezogen sind das nach UMSICHT-Berechnungen insgesamt circa 330 000 Tonnen pro Jahr – darunter die jährlichen Abriebwerte von Autoreifen bei rund 102 000 Tonnen und von Schuhsohlen bei 9000 Tonnen: „Wir können davon ausgehen, dass sich Mikroplastik bereits in allen Bereichen der Umwelt befindet: In der Luft, im Trinkwasser oder in Nahrungsmitteln. Das ergibt sich daraus, dass wir überall Kunststoffe einsetzen und die Emissionen über Wind und Wasser verbreitet werden.“

Stand: Januar 2025