Modul 7: Finanzierung und finanzielle Teilhabe
Ziel dieser Phase ist die Zur-Verfügung-Stellung des notwendigen Kapitals zum Bau des Windparks und die konkrete Umsetzung ggf. beabsichtigter finanzieller Bürger- und Kommunalbeteiligungsmodelle.
Im Gegensatz zu einem (Fremd-)Investor finanzierten Projekt ist unter Bürger- und Kommunalbeteiligung an einem Windpark zu verstehen, dass ein Teil durch Fremdkapital (Banksektor) und der verbleibende Teil durch Eigenkapital zusammengetragen wird. Dieses Eigenkapital kann sich aus reiner Beteiligung durch die Kommune als auch einer zu definierenden Beteiligungshöhe für (direkt, indirekt) Bürger, regionale Energie-Genossenschaften/-Gesellschaften, Energiewerke etc. zusammenstellen.
Mit der interaktiven Karte der Fachagentur Wind und Solar können Kommunalvertreter recherchieren, wie hoch die finanzielle Teilhabe der Gemeinden an nahegelegenen Windenergieanlagen ausfallen kann. Die Karte zeigt alle errichteten und geplanten Windenergieanlagen (Leistung > 1 MW) und welche Zahlungen an Kommunen im Umkreis der Anlagen möglich sind.
Das Online-Tool berücksichtigt nicht nur die freiwilligen Zahlungen der Anlagenbetreiber nach § 6 EEG 2023, sondern auch entsprechende Gesetze in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. In den kommenden Monaten werden weitere Länderregelungen und Novellierungen, wie sie derzeit auch in Bayern geplant sind, integriert werden.
Zunächst ist wichtig zu wissen, dass heutige Windenergieanlagen einen Gesamtinvestitionsbedarf von grob 10 Mio. Euro pro Anlage haben (Stand 2024). Bei einem Windpark mit fünf Windenergieanlagen liegt der Gesamtinvestitionsbedarf bei ca. 50 Mio. Euro. Wie bei jedem größeren Investitionsobjekt findet auch hier eine Bankenfinanzierung mit Fremd- und Eigenkapitalanteil statt. Dieser Fremdkapitalanteil der Bank beträgt üblicherweise (es gibt Ausnahmen) zwischen 75 und 85 % des Gesamtinvestitionsvolumens, der damit notwendige Eigenkapital-Anteil 15 bis 25 %. Dieser Eigenkapitalanteil ist gemäß den von der Kommune gewünschten Beteiligungsmodellen entsprechend in dieser Phase aufzubringen und zur Verfügung zu stellen.
Egal welcher Akteur später Eigentümer und damit Betreiber des Windparks wird (Investor, Kommune, Energiegenossenschaft, Stadtwerke etc.), dieser hat die Pflicht, diesen Eigenkapitalanteil aufzubringen.
Für die Gesamtwirtschaftlichkeit des Windparks spielt die Finanzierungsphase eine erhebliche Rolle, denn in dieser Phase wird der Zinssatz für das notwendige Fremdkapital durch die finanzierenden Banken festgelegt. Da meist über 75 % des notwendigen Kapitals Fremdkapital ist, spielt dieser Zinssatz eine erhebliche Rolle zur Wirtschaftlichkeit des Windparks.
Beispiel für den aufzubringenden Eigenkapitalanteil einer Kommune bei 50 % kommunaler Beteiligung und 20 % Beteiligung durch die lokale Energiegenossenschaft:
Der Gemeinderat der Kommune A ist entschlossen und finanziell auch fähig, sich mit 50 % am Eigenkapitalanteil des zu entstehenden Windparks kommunal zu beteiligen, um von den dort erzeugten Einnahmen teilhaben zu können. Zusätzlich soll die Bürgerschaft über eine ortsansässige Energiegenossenschaft weitere 20 % am Eigenkapitalanteil des Windparks erhalten. Es werden insgesamt die o. g. fünf Windenergieanlagen errichtet, mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 50 Mio. Euro.
Der mit der Bank definierte und festgelegte Eigenkapitalanteil beträgt 20 %, somit 10 Mio. Euro. Damit hat die Kommune in dieser Finanzierungsphase einen Betrag i. H. v. 5 Mio. Euro als Eigenkapitalanteil aufzubringen und die Energiegenossenschaft entsprechend einen Betrag i. H. v. 2 Mio. Euro. Durch diese Eigenkapitalanteile halten die beiden Akteure Kommune und Energiegenossenschaft im späteren Betrieb des Windparks jeweils die vereinbarten 50 % und 20 % der Anteile.
Ihnen als Kommune kommt in dieser Phase eine wichtige Rolle dann zu, wenn Sie beabsichtigen, sich an dem Windpark zu beteiligen. In diesem Fall benötigen Sie eine unabhängige, objektive Beratung bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung für einen solchen Windpark sowie bei der Beschaffung einer sinnvollen Finanzierung über finanzierende Banken. Dies kann – muss aber nicht – mit dem gewählten Projektentwickler gemeinsam durchgeführt werden. Empfehlenswert ist jedoch, eine unabhängige Beratung für diesen wichtigen Schritt der Gesamtwirtschaftlichkeit des Windparks einzuholen. Hierbei können Kommunalberatungen oder Kanzleien, die sich auf Windenergievorhaben spezialisiert haben, unterstützen.
Über die verschiedenen Optionen finanzieller Beteiligung an Windenergieprojekten referierte Mirco Sieg von der NRW.Energy4Climate im LENK KOMMUNity Dialog am 5. September 2024.
Reinhören können Sie hier. Der Vortrag beginnt ab 01:16:00.
Der Leitfaden zur finanziellen Teilhabe von Kommunen bei Windenergieprojekten der bayerischen Landesagentur für Energie und Klimaschutz (LENK) bietet einen praxisnahen Überblick der Möglichkeiten zur finanziellen Teilhabe von Städten und Gemeinden bei Windenergievorhaben. Der Leitfaden richtet sich primär an kommunale Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Bayern, die sich informieren möchten, wie sie passende finanzielle Teilhabemöglichkeiten an Windkraft vor Ort beurteilen, auswählen und umsetzen können. Dabei beleuchten Beispiele aus der Praxis, worauf bei der Auswahl und Gestaltung von finanzieller Teilhabe zu achten ist.