Ausgezeichnet – Energieeffizienzkurs für Berufsschüler und -schülerinnen

Berufsschülerinnen und -schüler aller Berufsrichtungen erhalten eine Grundbildung in Energieeffizienz, die sie befähigt Schwachstellen im Betrieb zu lokalisieren und Lösungsvorschläge zu unterbreiten.
Projektträger: Stadt Mindelheim

Beschreibung

Auslöser

Die IHK Schwaben wandte sich an die Regierung von Schwaben mit der Bitte, ob Berufsschulen nicht mehr für das Problembewusstsein bei Jugendlichen im Bereich Energieeffizienz tun könnten. Daraus entstand nach eingehender Diskussion von IHK und Berufsschule Mindelheim dieses Pilotprojekt, das vom Kultusministerium unterstützt wird und nach einer dreijährigen Erprobungsphase an alle Berufsschulen Bayerns transferiert werden soll.

Durchführung

Ziel der Kurse ist es, junge Berufstätige zu befähigen:
1. unnötige Energieverschwendung in Ihrem Betrieb, in Ihren Vereinen und natürlich auch zuhause zu erkennen und
2. durch eine Beratung eine ungefähre Lösung incl. der Kosten und Einsparungen vorschlagen zu können;
3. Ansprechpersonen für professionelle Energieberater/innen zu sein und deren Vorschläge dann im Betrieb umsetzen zu können.

Gerade der letzte Punkt fehlt laut IHK auf breiter Front in den Betrieben, sodass Beratungen sehr oft ins Leere laufen, bei Neuanschaffungen und Betriebsänderungen nicht auf die Folgekosten im Energiebereich geachtet wird und so häufig hohe Verluste entstehen, die völlig unnötig sind und im schlimmsten Fall den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens gefährden. Ziel unserer Bemühungen ist die auf dem Energiesektor sensibilisierte Fachkraft und der mündige Konsument bzw. die mündige Konsumentin.
Nachdem sich IHK und Berufsschule nach eingehender Diskussion auf die vorläufigen Inhalte des Kurses geeinigt hatten, wurde diese den Schülerinnen und Schülern vorgestellt, die eindeutig positiv darauf reagierten. Das Kultusministerium erteilte daraufhin den Auftrag, innerhalb von drei Jahren ein Kurskonzept zu erstellen, das an jeder bayerischen Berufsschule für alle Ausbildungsberufe so oder in ähnlicher Weise durchführbar ist und dessen Inhalte zukünftig zu mindestens 20 bis 30 % in normale Lehrpläne integriert werden kann.

Öffentlichkeitsarbeit:
Das Projekt wird über diverse Medien und das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) sowie die Lehrerakademie Dillingen multipliziert.

Besonderheit:
Die Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Klassen, Altersstufen und Ausbildungsberufe müssen - wie im Betrieb - beim Thema Energieberatung alle Aspekte abdecken und miteinander kommunizieren. Dies beginnt bei der gemeinsamen Informationsbeschaffung (zum Beispiel von der physikalischen Funktion von Energiequellen bis zu Fördertöpfen), geht weiter bei der Auswertung von zum Teil selbst gesammelten Daten und endet bei gemeinsamen Planungen bzw. Lösungen. In der 11. Einheit übernehmen die Schülerinnen und Schüler Rollen realer Entscheidungsträger und erhalten die Aufgabe als Gemeinderatsmitglieder in Sitzungen Entscheidungen zu treffen, die ihre Gemeinde energieautark machen.

Die Kursteilnehmenden sind in das Projekt in mehrfacher Hinsicht bei der Planung und Durchführung einbezogen:

a) Wir haben nicht die Lösung - wir suchen gemeinsam nach möglichen Lösungen, die für unterschiedliche Betriebe und deren Standorte auch unterschiedlich sein können, ja sogar sein müssen.

b) Die Schülerinnen und Schüler sind über den Pilotcharakter des Kurses voll informiert und deshalb Teil des Entwicklungsteams. Ihre Beiträge und Anregungen fließen direkt in die Organisation und die Durchführung der Kursstunden ein, weil nach jeder Kurseinheit bewusst darüber reflektiert wird. Ein Gesamtfragebogen am Ende des Kurses ergänzt diese mündlichen Abfragen. So wurden z. B. gewisse Lehr-Einheiten durch Schülerbeiträge wesentlich praxisbezogener gestaltet. Dass die Kursunterlagen nun auch zuhause am Computer abrufbar sind, um bei Beratungen auf diese zurückgreifen zu können, verdanken wir einer Idee eines Kursteilnehmers. Selbst die Gestaltung der Prüfung wird von ihnen mitbestimmt. Bewerbungschancen sind übrigens ein sehr häufig genannter Grund, warum die Schülerinnen und Schüler am Kurs teilnehmen. Sie sehen darin ein weiteres berufliches Standbein.

Teilnahme:
Über 40 Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Klassen und 3 Jahrgangsstufen (Nutzfahrzeugmechatroniker, Land- und Baumaschinenmechaniker, Berufskraftfahrer, Techniker, Einzelhandelskauffrauen) haben nach dem ersten Jahr die Abschlussprüfung mit Zertifikat bestanden. Die Zahl wäre noch höher gewesen, hätten nicht manche Teilnehmenden bereits aufgrund guter Schulleistungen vorzeitig die Lehre beendet. Es wurden insgesamt drei separate Kurse a 12 Abende und einer 4-stündigen Exkursion in einen vorbildlichen Betrieb an unserer Schule angeboten.
Mittlerweile nahmen ca. 600 Schülerinnen und Schüler erfolgreich an dem Kurs teil, der nunmehr als reguläres Wahlfach an der Berufsschule Mindelheim angeboten wird. In der an die Berufsschule angeschlossenen Technikerschule veränderte das Interesse an den Inhalten nicht nur das Angebot an Wahlpflichtfächern im 2. bzw. 3. Schuljahr (Regenerative Energien als Fach mit Abschlussprüfung), es werden auch Inhalte in den Englischunterricht übernommen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Schule fünf Jahre lang ein durch die EU ausgezeichnetes Projekt mit einer Partnerschule in England durchgeführt hat, während dessen die Inhalte des Energiekurses von deutschen Technikerschülerinnen und -schülern an englische Berufsschülerinnen und -schüler weitergegeben wurden. Das Projekt wurde 2020 von einer Jury zum besten Projekt in der Kategorie Green Erasmus während der European VET Week ernannt (s. Urkunde).
Dies wiederum führte zur Beteiligung unserer Schule am Aufbau einer Partnerschule in Uganda zum beruflichen Bildungszentrum für regenerative Energien.

Zitate

  • "Wir brauchen eine neue Generation junger Leute, die versteht, dass Energieeffizienz eine Standortfrage für unsere Unternehmen ist und entsprechend agiert!" (ehemaliger Leiter des Referats Innovation und Umwelt bei der IHK Schwaben)
  • "Ich lerne hier etwas, was ich nicht nur im Betrieb, sondern auch zuhause brauchen kann!" (angehender Berufskraftfahrer)
  • "Meinen Elektroheizer hab' ich gleich wieder ausgestellt, als ich gemessen hatte, was der Strom zieht!" (Teilnehmer)

Tipps

  • Die Zusammenarbeit mit professionellen Energieberatern war für die Entwicklung des Kurses immens wichtig.

Stolpersteine

  • Schülerinnen und Schüler mit Tagesunterricht haben aufgrund der fehlenden Verkehrsmittel schlechte Karten, einen Abendkurs in der Länge zu besuchen.

Auszeichnungen

  • 03/2015: Prämierte Idee beim Allgäu-Ideenwettbewerb

    verliehen von: Allgäu GmbH - Neue Ideen fürs Allgäu

  • 06/2016: Deutscher Klimapreis

    verliehen von: Allianz Umweltstiftung

  • 2017: Innovationspreis der LEW

    verliehen von: LEW

Beispiel gemeldet: 06/2015

zuletzt aktualisiert: 08/2022