Energiegewinnung durch den Einbau von Turbinen in Trinkwasserleitungen

Der Zweckverband Wasserversorgung Bayerischer Wald nutzt überschüssige Energiepotentiale im Fernwasserleitungsnetz zur Stromgewinnung.
Projektträger: Zweckverband Wasserversorgung Bayerischer Wald (waldwasser)

Beschreibung

Auslöser

Durch die Höhenlage der im Jahr 1984 in Betrieb gegangenen Trinkwassertalsperre Frauenau war es möglich, im Bayerischen Wald ein Fernwasserleitungsnetz zu planen, das eine weitgehende Wasserverteilung im freien Gefälle zulässt.
Innerhalb der Hauptstrecken ergaben sich dabei sogar Teilabschnitte mit überschüssigem Energiepotential. Bereits Ende der 1980er Jahre wurden von waldwasser, dem Zweckverband Wasserversorgung Bayerischer Wald, Überlegungen zur Nutzung dieser Energiepotentiale angestellt. Beweggründe waren neben wirtschaftlichen Betrachtungen primär Umweltgesichtspunkte. Die Werksleitung ließ daraufhin energetische Berechnungen erstellen, wonach sich insgesamt fünf Standorte für den Einbau von Turbinen als geeignet erwiesen. Die Realisierung erfolgte schrittweise, nach Beschlüssen des Verbandsrats, im Zeitraum von 1988 bis 2007.

Durchführung

Nach den energetischen Berechnungen erwiesen sich fünf Trinkwasserhochbehälter als geeignete Standorte für den Einbau von Turbinen. In den dort ankommenden Fernwasserleitungen (Nennweite 400 - 1.000 mm) lagen Wasserdrücke weit über den zur Behälterbefüllung notwendigen Werten vor.

Diese überschüssige Energie sollte genutzt werden, ohne die Versorgungssicherheit in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu gefährden. Daher wurden für die Trinkwasserversorgung zugelassene Pumpen als Turbinen verwendet. Die Auslegung der Pumpen wurde über Berechnungen der verschiedenen Betriebszustände ermittelt. Allerdings lagen zu dieser Konstruktionsweise bis dahin keine Erfahrungen über die Auswirkungen bei Stromabschaltungen vor. Daher wurden anfangs mechanisch wirkende Bremsscheiben in die herkömmlichen Pumpen eingebaut, um bei Stromabschaltung eine Überschreitung der zulässigen Drehzahlen ausschließen zu können. Infolgedessen wurden die Bauteile der Pumpen an die möglichen maximalen Drehzahlen angepasst.

Hinsichtlich des Schluckvermögens lag das Leistungsvermögen einer Anlage deutlich unter den Sollwerten des Herstellers. Die Amortisationszeit der Anlagen lag bei sieben bis acht Jahren. Derzeit kann ca. ein Drittel der Stromkosten, die bei waldwasser anfallen, über die eigenen Turbinen erwirtschaftet werden.

Tipps

  • Der Eingriff in das Trinkwasserleitungsnetz erfordert sowohl in der Planung als auch in der Ausführung der Turbinenanlage eine sehr sensible Vorgehensweise.
  • Neben der Sicherstellung der Qualität und Quantität des Trinkwassers sind bereits bei der Planung die örtlichen Platzverhältnisse genau zu prüfen.
  • Änderungen im Strömungsverlauf des Wassers dürfen keine schädlichen Schwingungen im Gebäude oder im Leitungssystem auslösen.

Stolpersteine

  • Aus unserer Erfahrung sollte in technischer Hinsicht darauf geachtet werden, dass die Anlage auch auf eine erhöhte Drehzahl bei Stromabschaltung ausgelegt ist. Zudem sollte das Schluckvermögen der Pumpe (bei Verwendung als Turbine) werkseitig auf dem Prüfstand festgestellt werden.

Beispiel gemeldet: 11/2010

zuletzt aktualisiert: 04/2024