Kalte Nahwärme für die Gemeinde Königsmoos

Die Bürger-Energie-Genossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt betreibt ein passives kaltes Nahwärmenetz, über welches dezentrale Wärmepumpen mit Erdwärme versorgt werden.
Projektträger: Gemeinde Königsmoos

Beschreibung

Auslöser

Wir wollten ein effizientes und langfristig wirtschaftliches Energiekonzept bei zwei neuen Wohnvierteln umsetzen: kein Einsatz von konventioneller Heizungstechnik, die auf Verbrennungsprozessen basiert.

Projektbeteiligte:
- Gemeinde Königsmoos
- Bürger-Energie-Genossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt (BEG)

Geothermische Fachplanung:
Tewag GmbH
Prof. Dr. Simone Walker-Hertkorn
Blumenstraße 24
93055 Regensburg
Tel: (0941) 20863360
info@tewag.de

Durchführung

Die Bürger-Energie-Genossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Friedberg-Eichstätt (kurz: BEG) setzt zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort die Energiewende um. Die regionale Bürgerenergiegenossenschaft verbindet bürgerschaftliches Engagement, klimafreundliche Energieerzeugung und wirtschaftlichen Erfolg miteinander. Das Projekt wird zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern finanziert und betrieben - so funktioniert technologische Umsetzung auch im ländlichen Raum in Bayern, so funktioniert Energiewende!

In der Gemeinde Königsmoos entstehen zwei neue Wohnviertel mit zusammen über 70 Einfamilienhäusern. Die Bürger-Energie-Genossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt (BEG) betreibt in beiden Quartieren ein passives kaltes Nahwärmenetz, über welches umweltfreundliche dezentrale Wärmepumpen mit Erdwärme versorgt werden. Die Erdwärme wird über mehrere Erdwärmesondencluster erschlossen, die am Rand der Wohngebiete errichtet werden. Sofern der Strom zum Betrieb der Wärmepumpen ebenfalls aus erneuerbaren Energien bezogen wird, ist die gesamte Wärmeversorgung der beiden Quartiere ohne CO₂-Emissionen zu 100 % erneuerbar gewährleistet.

Zur Erschließung oberflächennaher Geothermie wurden insgesamt 112 Erdwärmesonden mit Tiefen zwischen 65 bis 70 m errichtet. Die Erdwärmesonden wurden aufgeteilt auf 5 Cluster und dezentral an das Nahwärmenetz angeschlossen. Die Umwälzung des Nahwärmenetzes erfolgt effizient über dezentrale Kleinumwälzpumpen auf der Grundlage einer optimierten hydraulischen Auslegung. Insgesamt werden dabei etwa 630 MWh/Jahr an Wärmeenergie und etwa 350 kW Wärmeleistung über dezentrale Wärmepumpen dem Untergrund entnommen, respektive etwa 120 MWh/Jahr Kühlenergie und 245 kW Kühlleistung dem Untergrund mittels passiver Kühlung wieder zugeführt.

a. Projekthintergrund
Die Bürger-Energie-Genossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Friedberg-Eichstätt (kurz: BEG) setzt zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort die Energiewende um. Dabei wird eine demokratische Möglichkeit geboten, sich aktiv am Ausbau der erneuerbaren Energien zu beteiligen.

b. Innovationen
Den Impuls zur regenerativen und nachhaltigen Wärmeversorgung mit einem Anergienetz (sog. "Kaltes Nahwärmenetz", kurz: KNWN) lieferte eine Informationsveranstaltung für Bürgermeister und Entscheidungsträger in der Gemeinde, durchgeführt und veranstaltet von der BEG. Die Gemeinde Königsmoos will ihren Bürgerinnen und Bürgern erneuerbare Energien bereitstellen. Dem KNWN liegt der Gedanke zugrunde, die thermische Energie nahe an der Umgebungstemperatur zwischen Lieferanten und Bezügern zu transportieren. Zur Bereitstellung der Nutzenergie werden einerseits Wärmepumpen für Heizzwecke dezentral bei den Wärmebezügern eingesetzt, anderseits kann das Netz direkt zur Kühlung genutzt werden. Existiert eine ausgeglichene Wärmebilanz zwischen Quellenentnahme (Umweltwärme) und Netzentzug, ist ein KNWN in höchstem Maße nachhaltig und annähernd CO₂ neutral.

Die Vorteile der Geothermie sind u. a.:
- kostenlose Wärmequelle,
- geschlossener Kreislauf,
- eine ganzjährig hohe Jahresarbeitszahl der Wärmepumpenanlage ohne größere saisonale Schwankungen durch relativ konstante Wärmequellentemperatur,
- keine Lärmemissionen im öffentlichen Raum,
- Nutzung der Geothermie für die "Freie Kühlung" zur sommerlichen Temperierung.

Die Innovationen beim KNWN als gemeinschaftliche Geothermieanlage im Gegensatz zu einer Solitärlösung oder einer anderen Form der Nahwärmeversorgung sind u.a. folgende:
- verlustfreier Wärmetransport im erdverlegten Bereich bei einfachen, nicht wärmegedämmten und damit kostengünstigen Rohrsystemen,
- die gleichzeitige Wirkung vom horizontalen Verteilnetz als Flächenkollektor und somit Einbeziehung weiterer Umweltenergie,
- finanzielle Entlastung der Bauherren in der Umsetzung der Geothermieanlage.

c. Klimaverträglichkeit
Als Motivation der energetischen Erschließung gilt das Ziel vom Klimaschutzplan 2050, einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Mit der Wärmequelle "Erdwärme" und der modernen Wärmepumpentechnologie wird ein hoher Anteil an Umweltenergie (größer 75 %) im Heizenergiebedarf erreicht und somit der Weg zum Ziel gebahnt.

Durch Wegfall von Verbrennungsprozessen bei Raumheizung und Warmwasserbereitung fallen auch keine anderen Emissionen, wie CO₂, Feinstaub, NOx usw. in den Siedlungsgebieten mehr an. Sogar im Sommer kann bei gewünschter Temperierung (Kühlung) in den Gebäuden die energieintensive Kälteerzeugung mit Strom und konventioneller Kältetechnik in den Gebäuden durch die "freie Kühlung" mit Geothermie weitestgehend entfallen.

d. Kosteneffizienz
Die Erdwärme als Wärmequelle bleibt hinsichtlich der Verbrauchskosten für die Anschlussnehmer kostenfrei für die Erdwärme. Durch die Lösung mit einem "Passiven Netz" kann dies erreicht werden, da keine Endenergie wie Strom für den Betrieb vom KNWN außerhalb der Gebäude erforderlich ist.

Die Erstellungskosten vom KNWN werden über den Kauf vom Grundstück mittels Umlage auf den Kaufpreis abgegolten. Dies ist auch bei anderen Sparten gängige Vorgehensweise. Die anfallenden Wartungs- und Instandhaltungskosten sowie die steuerlich bedingte Pacht der Anlage bei Nutzungsüberlassung an einen Dritten stellen die einzigen im Betrieb umzulegenden Kostenbestandteile dar. Damit dies auch langfristig für Anschlussnehmer kostensicher und kalkulierbar bleibt, wird der Betrieb vom KNWN an eine genossenschaftliche Einrichtung, die BEG, übertragen.

Tipps

  • Wir empfehlen, frühzeitig die Bürgerinnen und Bürger in das Vorhaben mit einzubinden.
  • Regionales Projektmanagement ist sehr wichtig.
  • Sorgfältige fachtechnische Planung beachten.

Beispiel gemeldet: 01/2022

zuletzt aktualisiert: 02/2023