Der Windpark Feistelberg - erfolgreiche Umsetzung mit 10 H-Regelung

Mit guter Bauleitplanung und durchdachter Informationspolitik sind Windenergieprojekte erfolgreich umsetzbar.
Projektträger: Markt Wernberg-Köblitz

Beschreibung

Auslöser

Bereits im Jahr 2012 wurden im Gemeindegebiet konkrete Planungen zur Windenergie aufgenommen. Der Markt Wernberg-Köblitz wies zu dem Zeitpunkt als Industriestandort eine CO₂-Emission von 6,7 t pro Kopf auf und lag damit etwa 10 % über dem bayerischen Durchschnitt. Deshalb sah der Gemeinderat eine moralische Verpflichtung darin, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Energiewende voranzubringen. Die Initiative zum Bau von Windenergieanlagen kam aus der Bevölkerung

Durchführung

Die Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb von geschlossenen Siedlungen ist seit 1997 privilegiert. Privilegierten Vorhaben sind Bauvorhaben, die bauplanungsrechtlich im Außenbereich zulässig sind, wenn öffentliche Belange wie Naturschutz oder Anwohnerschutz dem nicht entgegenstehen.

Mittlerweile wurde in Bayern auf Grundlage der 2014 eingeführten Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch (BauGB) die Privilegierung eingeschränkt. In der Bayerischen Landesbauordnung wurde mit der sogenannten 10 H-Regel bestimmt, dass Privilegierungen nur noch außerhalb eines Mindestabstandes von zehnmal der Höhe der Windenergieanlage zur angrenzenden Bebauung gelten. Bei Windenergieprojekten innerhalb des Mindestabstandes muss mithilfe eines Bebauungsplans Baurecht geschaffen werden. Damit liegt es in der Hand der Kommunen, ob Windenergieprojekte innerhalb des Mindestabstandes umgesetzt werden können.

Windenergieprojekten Raum geben – das Steuer in der Hand behalten
Aus den Planungen im Regionalplan der Region 6 Oberpfalz Nord geht hervor, dass der Bereich des Marktes einen Schwerpunkt der Windenergienutzung im Landkreis Schwandorf darstellen kann. Allerdings kam das laufende Verfahren zur Entwicklung von Konzentrationszonen für Windkraft aus rechtlichen Gründen zum Stillstand.
Um Windenergieprojekte im Bereich der Marktgemeinde zu ermöglichen und gleichzeitig die räumliche Steuerung zu behalten, nahm die Gemeinde die Planungen selbst in die Hand. Am 23.06.2015 fasste der Gemeinderat den Beschluss, den Flächennutzungsplan entsprechend zu ändern, um Konzentrationszonen für die Windenergienutzung auszuweisen. Damit wird festgelegt, welche Flächen für die Entwicklung von Windenergieprojekten vorrangig zur Verfügung stehen.
So herrschte für Bürgerinnen und Bürger schon vor der Anfrage eines Projektentwicklers Gewissheit darüber, wo Anlagen errichtet werden können und wo nicht.

Potenzialflächen ermitteln und Konzentrationszonen festlegen
Zunächst wurde die Eignung von Flächen für die Windenergienutzung anhand von Ausschlusskriterien überprüft. Insgesamt wurden dabei sechs Potenzialflächen ermittel. Als Mindestgröße für die Ausweisung von Konzentrationszonen definiert die Gemeinde eine Fläche von 20 ha. Daraus hervor gingen die drei Konzentrationszonen Schwarzholz, Wittschauer Höhe und Feistelberg. Diese decken rund 143 ha und damit 2,2 % des Gemeindegebietes ab.

Mit dem Bebauungsplan Baurecht erwirken und erfolgreich Projekte umsetzen
Nachdem sich seit längerem Bürgerinnen und Bürger für Windenergieprojekte stark gemacht hatten und noch zwei Windenergieanlagen bereits vor Inkrafttreten der 10 H-Regelung verwirklicht werden konnten, gab es bald auch einen interessierten Projektierer für den Windpark Feistelberg. Bei der mittlerweile notwendigen Aufstellung und Genehmigung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes kam es wie üblich zur Beteiligung der Fachstellen, der Vertreter öffentlicher Belange und der Bürgerinnen und Bürger. Das Bauleitplanverfahren Windkraft mit Flächennutzungsplan und Bebauungsplan konnte relativ zügig durchgeführt werden. Es dauerte zweimal gut anderthalb Jahre: von Juni 2015 bis Januar 2017 sowie von November 2016 bis Juli 2018.

Widerständen entgegenwirken und Akzeptanz schaffen
Um Akzeptanz zu schaffen, wurde frühzeitig mit der Kommunikation begonnen. So gab es informelle Gespräche mit den Nachbargemeinden bereits vor Beginn der Planungen. Für die Bürgerinnen und Bürger wurden Bürgerversammlungen, Informationsmärkte und Informationsgespräche angeboten.
Aus dem Bereich der eigenen Bevölkerung gab es so gut wie keine Widerstände. Auswärtige Bürgerinitiativen haben versucht, auf die Haltung der einheimischen Bevölkerung Einfluss zu nehmen, zum Glück erfolglos. Allerdings kann auch das beste Informationskonzept nicht ausschließen, dass Windkraftgegner den Planungs- und Genehmigungsprozess durch Aktionen negativ beeinflussen und durch Klagen in die Länge ziehen.

Fazit und Ausblick
Mit der 10 H-Regelung und der seither notwendigen Aufstellung eines Bebauungsplanes war das ganze Bauleitplanverfahren zusammen mit der Genehmigung nach Bundesimmissionsschutz-Gesetz innerhalb von drei Jahren abgeschlossen. Die Kosten waren überschaubar und wurden wie vorab vertraglich geregelt vom Projektträger übernommen. Ein Bebauungsplan erwirkt hohe Planungssicherheit. Es gab keine Klagen, die den Prozess in die Länge ziehen oder gar vereiteln hätten können.
Die Gemeinde hat vor, eine Konzentrationsplanung oder ein Handlungskonzept für PV-Anlagen zu erstellen. Ziel dabei ist, den Strom für die gesamte Gemeinde CO₂-neutral zu produzieren.

Hinweis: Am 27.10.2022 wurde die 10H-Regelung vom Bayerischen Landtag gelockert. In Wäldern, nahe Gewerbegebieten, an Autobahnen und Bahntrassen müssen Windenergie-Anlagen nun einen Abstand zur Wohnbebauung von 1.000 Metern einhalten. Seit Juni 2023 sind in Wind-Vorranggebieten die Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes einzuhalten. Daraus ergibt sich i. d. R. ein Abstand unter 1.000 Metern.

Zitate

  • Durch die Wertschöpfung vor Ort profitieren sowohl Einwohner, als auch ansässige Unternehmen. Deshalb haben wir in der Marktgemeinde Wernberg-Köblitz die Errichtung von fünf Windrädern ermöglicht, drei davon mit Bauleitplanung. Diese decken ca. 75 Prozent des Strombedarfs der Gemeinde ab und reduzieren den CO₂-Ausstoß um ca. 20.000 Tonnen pro Jahr. (Stefan Falter, ehemalige Geschäftsleitung Markt Wernberg-Köblitz, Mitglied im Team Energiewende Bayern)
  • Windkraft spielt für die Energiewende in Bayern eine große Rolle. Wernberg-Köblitz hat mit dem Bauleitplanverfahren Mut und Weitsicht bewiesen und gezeigt, wie eine zielführende Energiepolitik mit Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene aussehen kann. (Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister, bei einer Besichtigung des Windparks im Januar 2020)

Tipps

  • Bürgerinnen und Bürger sollten im Rahmen von Bürgerversammlungen und Informationsmärkten frühzeitig beteiligt werden, damit sie nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
  • Für die Informationsmärkte sollten Expertinnen und Experten ausgewählt werden, die sich vor allem mit Fragen der Gesundheit auskennen.
  • Projektträger und Betreiberfirma müssen vertrauensvolle Partner sein, die auch bei den Info-Veranstaltungen aktiv mitwirken.
  • Die Vorschriften für die Bauleitplanung müssen hundertprozentig beachtet werden, um Verbänden und Bürgerinitiativen keinen Angriffspunkt zu geben.
  • Es sollte ein erfahrenes Planungsbüro für die Bauleitplanung ausgewählt werden, das selbst vom Ausbau der erneuerbaren Energien überzeugt ist.
  • Gemeinderat und Verwaltung müssen hinter dem Projekt stehen.

Stolpersteine

  • Die Verantwortlichen in der Verwaltung brauchen ein dickes Fell. Mit Protesten von Windenergiegegner bis hin zu persönlichen Beleidigungen ist zu rechnen.
  • Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung: Vor der 10 H-Regelung haben die Projektträger eine Ersatzzahlung geleistet, die zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu verwenden ist. Im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens ist der Eingriff durch die Entwicklung von Maßnahmen auf Ausgleichsflächen zu kompensieren. Diese Flächen sind oft schwer zu finden.

Beispiel gemeldet: 07/2020

zuletzt aktualisiert: 08/2023